Donnerstag, März 09, 2006

Unser lieben Frauen Bild zu Alten Oeting / im Bayr- und Teutschland

Es ist zu Alten Oetingen / nechst bey der Statt Neuen Oetingen ein Capellen / nicht allein dem gantzen Teutschland / sonder auch den angräntzenden Ländern bekandt. Die gemaine Sag ist von Alters hero / sie seye von den Hayden erbauet worden / die siben Planeten darinnen zu verehren / und geben dessen genugsame Anzaigen / thails die gewise Eck deß Gebäus / thails die siben außgrabne Bilder-Plätz mit sambt ihren darzu gehörigen Muschlen / in welchen dergleichen Bilder / wie glaublich ist / gestanden seynd; sonderlich / weil gewiß ist / daß unsere alte Teutschen die Planeten haben angebettet. Von Sono und Mon meldet Julius Caesar: von dem Mercurius und Mars Tacitus. Mars wurde von ihnen genennt Hesus oder Ares: Mercurius aber haisseten sie Woda / Wonda oder Teustes. Daß bey den Bayrn seye angebettet worden der Abgott Jupiter / ist zu sehen im Leben deß heiligen Bonifacii / den sie Gab und Soda nenneten. Die Göttin Venus haisseten sie Freja oder Ureija: deß Abgotts Namen Saturnus ward Kroda.
Auff dem Altar ist zu sehen ein von Holtz geschnitzletes Maria Bild / so das JEsus Kindlein auff dem rechten Armb tragt / in der lincken einen Scepter; das Kind haltet in seiner rechten Hand ein blaue Kugel: der Rock ist rother Farb / mit einem vergultem Bräm / der Mantel weiß / das Haupt der Mutter mit einem Hertzoglichen Huet / hin und wider mit Creutzen versetzt. Und dise Gestalt hat dem H. Bild die Kunst deß Bildschnitzlers geben / welche gleichwol schier nie gesehen wird / allweil sie manchesmal im Jahr verkleydet wird / ond mit Klaidern angethan / welche mit Gold gestickt / mit Berlein und Edelgestain reichlich versetzt seynd.
Die uhralte und wol hergebrachte Sag ist / als habe der H. Rupertus / der Bayrn Apostel disen Götzen-Tempel der Mutter GOttes gweyhet / und besagtes Maria Bild darein gesetzt: zu was Zeit dises geschehen seye / ist zweiffelhafftig / umb daß die Geschicht-Schreiber nicht uberains kommen / und etliche vorgeben / es sey under Childeberto dem Ersten beschehen / andere verschieben es biß under Childebertum den Andern / oder etwann auch under den Dritten / also daß von dem Jahr Christi 520. biß auff 612. nichts gewises mag auff das Papyr gebracht werden / wiewol man auch vergwißt / daß innerhalb gemelter Jahren / und nicht früher / noch auch später der H. Bonifacius das Bayrland seye angetretten. So ist dann unmüglich zu schliessen / in welchem Jahr aigentlich die Oetingische Andacht ihren Anfang genommen. Aines auß unzahlbare Wunder-Zaichen ist / daß die Capell mit sambt dem heiligen Bild gantz Wunderbarlich ist erhalten worden. Es haben die Ungarn / dazumal noch Hayden / von dem Jahr Christi 900. biß auff die Regierung deß Kaysers Ottonis deß Grossen / grosse und vilfältige Einfäll in das Bayrland gethan / mit underschidlichem Außgang / massen zum öfftern ihrer wenig mit schlechten Ehren nach Hauß kommen / und die / so sich der Flucht nicht bedienen konnen / auff dem Platz gebliben. Andere mal ist es ihnen besser gerathen / wie dann mäniglichen bekandt ist die Namhaffte Schlacht und Sig / so sie erhalten wider Ludovicum Köig in Bayrn auff dem Lechfeld bey Augspurg / im Jahr Christi 910. in der sie mittels einer arglistigen Flucht die Unserigen in die Mitte gebracht / und auff das Haupt geschlagen: hernach gantz Bayrn / Schwaben und Francken gantz grausamb durchgestraifft /und mit Schwerdt und Feur wider die Innwohner verfahren. In disen Kriegs-Läuffen haben sie die sehr grosse Statt Oeting mit sambt der Königlichen Residentz / und nächstgelegnen Benedictiner Kloster in Brand gesteckt. In was für einem Jahr sich diss aigentlich verloffen habe / ist unwissend / ist doch glaublich / es seye gleich bald nach erobertem Sig geschehen. Auß der Statt ist nichts uberbliben / und von dem Feur unversehrt errettet worden als die Kirch mit sambt dem H. Bild / auff daß den Nachkömblingen so grosse Himmlische Hülff nicht entzogen wurde. Die übrigen Wunder-Zaichen / von denen man Wissenschafft hat / nemmen erst eien Anfang von dem 1489. Jahr / in welchem ein Anfang der Beschreibung ist gemacht worden. Dannenhero dann täglich mit sambt der Andacht / auch der Kirchen-Schatz zugenommen / darinnen vil und köstliche / auch von Stätten / König und Kaysern geschickte Verehrungen zu sehen / uber die sich alle Durchraisende / was Lands sie immer seynd / allzeit und billich verwundern.

Aus:
Marianischer Atlaß / Von Anfang und Ursprung Zwölffhundert Wunderthätiger Maria-Bilder. Beschriben in Latein von R.P. Guilielmo Gumppenberg. Anjetzo durch R. P. Maximilianum Wartenberg in das Teutsch versetzt / beede der Societet Jesu. Erster Theil. Cum Gratia & Privilegio Sacr: Caesar: Majest.speciali.
München / in Verlegung Johann Hermann von Gelder / Chur-Fürstl. Hof-Buchhandlern. Gedruckt bey Sebastian Rauch. Im Jahr Christi 1673.

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